The guy that always says „Hi“: Tucker aus Texas lebt zehn Monate in Romrod
Von Leonie Althaus, Felicita Beickler, Lotta Liebau & Julia Rausch, Jugendredaktion von Romrod.de
Neun Monate im Ausland, Tausende von Kilometern entfernt von zu Hause. Von Midland im US-Bundesstaat Texas ins hessische Romrod. Ist das ein Abenteuer? Definitely! Seit August lebt der 17jährige Tucker als Austauschschüler bei Familie Schmehl – und im auf Englisch geführten Gespräch mit den Mitgliedern der Jugendredaktion von Romrod.de hatte er viele Fragen zu beantworten. Warum hat sich Tucker für Deutschland entschieden? Wie ist es, plötzlich in einem fremden Land und in einer anderen Kultur zu leben? Eine Sprache zu hören, die man nicht gut versteht? Und, eigentlich noch wichtiger: Wie ist es, plötzlich drei Gastschwestern zu haben, wo man doch 17 Jahre mit vier Brüdern zusammengelebt hat? Apropos: Seinen 17. Geburtstag durfte Tucker auch in Romrod feiern – gleich am zweiten Tag seines Aufenthalts. Aber stopp, eins nach dem anderen!
Fußball statt Football
Tucker kommt aus Big Spring, knapp 26.000 Einwohner und vielleicht dreieinhalb Autostunden von der mexikanischen Grenze entfernt. Romrod kommt Tucker gar nicht so klein vor, denn die Menschen in Big Spring wohnen auf größerem Raum, das verteile sich eher, sagt er. Nach dem langen Flug und der Landung in Frankfurt stand dann auch gleich schon mal fest, wie die Sache mit dem Fußball ist: „When I got off the plane, it was very clear, that there was one option – Eintracht Frankfurt“. Und natürlich war Tucker mit seinem Gastvater, Bürgermeister Hauke Schmehl, auch schon im Stadion – zumal der ja auch glühender Eintracht-Fan ist. Da ist kein Entkommen.
Fußball (in Amerika spricht man von „Soccer“) ist für den sportbegeisterten Tucker der „deutsche Ersatz“ für American Football, weshalb er jetzt bei der SGAES in Altenburg mitspielt. Da Football in Deutschland noch nicht so populär ist, hätte Tucker zum Footballspielen nach Gießen fahren müssen – das hatte man tatsächlich überlegt, aber jetzt ist Winterpause. German weather eben. Regnen tut’s hierzulande auch ganz schön viel, sagt Tucker.
Zuhause spielt Tucker natürlich im Football-Team seiner Schule. „Seinen“ Sport vermisst er wirklich, wie er wiederholt betont. Er freue sich schon darauf, im nächsten Jahr sein Team wieder unterstützen zu können. Interessant dabei: In Amerika ist Sport stark mit der Schule verbunden, so dass man nicht in Vereinen, sondern in Schul-Teams trainiert und für die jeweilige Schule auch Wettkämpfe bestreitet. Das allerdings hat auch zur Folge, dass man nach Schulende kein Football mehr spielen kann – außer in einem Team an einer weiterführenden High School oder als Profi. Das letzte gemeinsame Team-Jahr ist also etwas Besonderes, auch deshalb, weil die Schülerinnen und Schüler bis zum Ende der Schulzeit im gleichen Klassenverband bleiben – vom 6. bis zum 18. Lebensjahr. Aus diesem Grund seien Gruppendynamik und Gemeinschaftsgefühl stärker.
Fifty/Fifty: Deutsche und amerikanische Schule im Wechsel
Das Schulsystem beschreibt der 17Jährige, der auch gerne Baseball und Basketball spielt, als vergleichsweise unterschiedlich. So sind beispielsweise Fächer wie Religion, Philosophie oder Sport, die an deutschen Schulen unterrichtet werden, in amerikanischen Stundenplänen nicht zu finden. Dafür sind Schultage in Amerika meist länger, weil man die Möglichkeit hat, seinen Hobbys in der Schule nachzugehen.
Tucker besucht übrigens nicht nur den deutschen Schulunterricht. Um das Schuljahr in Amerika nicht wiederholen zu müssen, macht er für die ersten Monate geteilten Unterricht: 50 Prozent der Schulzeit besucht er den deutschen Unterricht, die andere Hälfte der Zeit erledigt er online Aufgaben für seine Schule. Anfangs sei es sehr anstrengend gewesen, dem deutschen Unterricht zu folgen, das wurde mit der Zeit aber besser. Außerdem hat er schon einige Freunde gefunden und weiß seine Gastschwester Ida zur Seite, die ihm während des Unterrichts viele Dinge übersetzt.
Video-Calls und Eisessen helfen gegen gelegentliches Heimweh
Das Leben mit drei Gastschwestern sei natürlich etwas anders als das Zusammenleben mit vier Brüdern, lacht Tucker. Gerne gehen sie zusammen Eis essen, schauen gemeinsam Fernsehen. Überhaupt habe ihn seine Gastfamilie sehr gut aufgenommen und integriert – das erleichtere auch das Heimweh etwas. Denn natürlich denkt Tucker auch an Zuhause, so lange und so weit weg war er schließlich noch nie. Auch für seine Eltern war der Abschied schmerzlich, doch hatten sie ihn stets ermutigt, einen solchen Schritt zu gehen. Alle drei bis vier Tage macht er mit seiner Familie einen Video-Call, wobei alle auf die sieben Stunden Zeitunterschied achten müssen.
Tucker, der in der Schule auch Spanisch lernt, nicht zuletzt wegen der Nähe zur mexikanischen Grenze, hatte auch überlegt, während seines Auslandsjahres nach Kanada, Australien oder Großbritannien zu gehen – aber die „Herausforderung Deutschland“ war größer, alleine der Sprache wegen. Um sich auf Deutschland vorzubereiten, hat er bereits einige Sachen mit Apps gelernt, aber im Alltag lernt es sich natürlich viel leichter, erklärt er. Dereinst siedelten Tuckers Vorfahren von Deutschland nach Amerika über, jetzt kann er sich vorstellen, auch nach seiner Zeit in Romrod wieder nach Deutschland zu kommen – und zwar über die US Army. Mal schauen, ist ja noch etwas Zeit.
„Cheetos“ werden vermisst, aber die Salami macht einiges wett
Nicht nur die Sprache ist eine Herausforderung, auch die deutschen Süßigkeitenregale stellen Tucker vor das ein oder andere Problem. „Cheetos“, das sind salzige Käse-Flips, fehlen definitiv, da können wir Tucker auch keine Hoffnung machen. „Reeses Peanut Butter Cups“, ein Snack aus Erdnussbutter und Schokolade, gibt es hingegen gelegentlich auch in deutschen Einkaufsmärkten – was Tuckers Augen zum Glänzen bringt. Für Tipps ist er bestimmt dankbar! Überrascht hat den Teenager, dass es in deutschen Supermärkten meist saisonales Obst und Gemüse gibt, während in Amerika zu jeder Jahreszeit alle Produkte verfügbar seien. Außerdem, so Tucker, essen wir – Überraschung! – in Deutschland deutlich mehr Brot. In Amerika sei Brot eher eine Beilage. Aber hey – die deutsche Salami, quasi beste weltweit.
Jetzt in den Herbstferien steht für Tucker ein Trip nach Berlin an, bei dem er sich die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt anschauen möchte. Besonders freue er sich darauf, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Na klar!
„Yeah, it’s me!“
Als wir Tucker fragen, ob ihm schon etwas „Komisches“ passiert ist, sagt er überrascht, dass die Leute in Deutschland sich deutlich weniger grüßen als in Amerika. So erzählt er, dass es einige komische Momente gab, in denen er „Hi!“ sagte, die angesprochene Person es aber nicht erwidert habe. In unserem Gespräch sorgt der Satz „They are wondering who is the guy that always says ‚Hi‘?“ und Tuckers Antwort „Yeah, it’s me“ für einige Lacher. Also, falls ihr Tucker mal begegnet, lasst ihn nicht hängen und grüßt ihn zurück. Schließlich sagt er, dass Romrod ihm gefällt und er froh darüber sei, hierhergekommen zu sein.
PS: Wir werden Tucker in einigen Monaten nochmals interviewen, um zu verfolgen, wie seine Zeit in Deutschland verläuft. Und wir versuchen, „Reeses Peanut Butter Cups“ dabeizuhaben!
Foto oben (v.l.): Lotta Liebau, Julia Rausch, Leonie Althaus, Gesprächspartner Tucker, Felicita Beickler.